Islamismus: Warum sich junge Muslime radikalisieren

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Jenny Beyen
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Andreas Böhnisch

In Hamburg fordern rund 1.000 überwiegend junge muslimische Männer ein Kalifat. Die Islamexpertin Susanne Schröter sieht als Grund eine "radikale Empowerment-Strategie".

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Die Politik ist aufgeschreckt, nachdem in Hamburg auf einer Islamisten-Kundgebung demokratiefeindliche Parolen verbreitet wurden. Die Gruppierung "Muslim Interaktiv" hatte "Kalifat ist die Lösung" plakatiert.

Kalifat ist "eine religiöse Diktatur"

Für Susanne Schröter, Direktorin am Forschungszentrum Globaler Islam in Frankfurt, ist das eine bedrohliche Entwicklung. "Das Kalifat ist das Gegenteil unserer freiheitlichen Verfassung - unseres Rechtsstaates. Es ist eine religiöse Diktatur", sagt sie im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderatorin Jenny Beyen.

Diese Organisationen haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf junge Muslime.

Gruppen wie "Muslim Interaktiv" oder "Generation Islam" seien im Internet sehr aktiv. Ihre zunehmende Präsenz durch Kundgebungen wie am 27. April in Hamburg und am 1. November 2023 in Essen zeige, "dass sie sich sehr stark fühlen". Und der Einfluss der Islamisten nehme zu.

Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Eine Umfrage in Niedersachsen habe gezeigt, "dass der überwiegende Teil muslimischer Schüler den Koran für wichtiger hält als deutsche Gesetze" und der Meinung sei, "dass nur der Islam die Probleme der Gegenwart lösen kann". Für beunruhigend hält die Wissenschaftlerin die Aussage, dass Gewalt im Namen des Islam zu "einem nicht geringen Prozentsatz" befürwortet werde.

Islamismus als "radikale Empowerment-Strategie" für junge Muslime

An der Islamisten-Kundgebung in Hamburg beteiligten sich vor allem junge muslimische Männer. Für Susanne Schröter ist das kein Zufall. Es handele sich um eine "radikale Empowerment-Strategie". Im Vordergrund stehe das Versprechen, "dass sie in ihrer Männlichkeit, in ihrem Minderheitsstatus und in ihrer Religion stark sind". Ihnen gehöre die Zukunft. "Das knüpft an Omnipotenzgefühle an, die gerade bei jungen Leuten und bei jungen Männern vorhanden sind."

Verbot von "Muslim Interaktiv" sinnvoll

In der Politik wird jetzt über ein Verbot von "Muslim Interaktiv" diskutiert. Die Islamexpertin befürwortet eine solche Entscheidung, denn dann würde der Staat auf die islamistische Gefahr mit den Mitteln einer "wehrhaften Demokratie" antworten. Außerdem bestünde die Möglichkeit, die Internetaktivitäten von islamistischen Gruppierungen zu beschränken.

Ansonsten seien den Behörden weitgehend die Hände gebunden. Die Mehrzahl der Kundgebungsteilnehmer in Hamburg habe vermutlich einen deutschen Pass: "Der Frontmann Joe Boateng auf jeden Fall. Der ist Lehramtsstudent in Hamburg", ergänzt Susanne Schröter. "Man wird denen ohne weiteres nicht beikommen können. Deshalb sollte man ein Vereinsverbot ernsthaft prüfen."

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