Simon steht neben dem Stand vom „Paule Club” in Stuttgart unter der Paulinenbrücke. Er ist Sprecher und Mitgründer des „Paule Clubs”. Er trägt eine graue Cap und eine schwarz-orangefarbene Jacke. Er schaut in die Kamera.  (Foto: SWR)

Ehrenamt & Anlaufstelle: Simon arbeitet beim „Paule Club” und hilft suchtkranken Menschen

Stand
AUTOR/IN
Corinna Jähn
Porträt Corinna Jähn. (Foto: SWR)
Joëlle Roos
Chiara Breuninger

Simon arbeitet ehrenamtlich als Sprecher des „Paule Clubs”. Der „Paule Club” ist eine Initiative, die hilfsbedürftige Menschen unter der Paulinenbrücke in Stuttgart versorgt. Meistens sind die Menschen suchtkrank und freuen sich über warmes Essen und frische Spritzen. 

Zufallsbegegnung an der Paulinenbrücke in Stuttgart  

Wir sind in Stuttgart unterwegs und bemerken unter der Paulinenbrücke einen auffälligen Stand: der „Paule Club”. Es sind viele Menschen dort, wir bleiben stehen und werden dann von zwei Streetworkern angesprochen. 

Der „Paule Club” in Stuttgart: Anlaufstelle für suchtkranke Menschen 

Wir sprechen mit den Streetworkern und kommen dann in ein längeres Gespräch mit Simon. Er hat die Initiative mitgegründet und erklärt uns, was hinter dem „Paule Club” steckt: „Wir sind selbst Betroffene und geben zwischen 40 und 60 suchtkranken Menschen an der Paulinenbrücke ein bisschen Normalität, Struktur, Essen, frische Spritzen. Und auch mal gute Worte, was auch wichtig ist.” Simon arbeitet jeden Tag drei bis vier Stunden ehrenamtlich mit den suchtkranken Menschen zusammen: „Wir geben hier sechs Mal in der Woche Essen aus. Das meistens von gespendeten und geretteten Lebensmitteln ist. Und frische Spritzen, denn HIV und Hepatitis machen keinen Urlaub. Ich bin jeden Tag da.” Die Initiative gibt es seit dem Frühjahr 2020 in Stuttgart. 

Strukturen sind wichtig: Wir versuchen immer pünktlich um 12 Uhr das Essen auszugeben. Das ist typisch Deutsch halt: Um 12 Uhr mittags gibt es Essen, egal ob du arbeitest oder nicht.

Sprecher des „Paule Clubs”: Simon war selbst drogenabhängig und obdachlos

Dann kommen wir auch auf Simons persönliche Geschichte zu sprechen. Er erzählt uns, dass er selbst drogenabhängig und eine Zeit lang obdachlos war: „Falscher Stadtteil. Ich komme aus Mannheim-Jungbusch. Das ist wie Neukölln, nur ein bisschen kleiner. Und da bin ich groß geworden. Da hätte ich auch niemals ein Kind großziehen wollen. Deswegen bin ich mit Absicht weg und dann hier gelandet.” Mittlerweile lebt Simon zusammen mit seiner Verloben Iva in Stuttgart-Wangen. Mit 31 Jahren schafft es Simon aus der Sucht. Er erzählt uns: „Ich bin schon in Schulen aufgetreten, um Suchtprävention zu betreiben. Und denen habe ich auch gesagt: Fang erst gar nicht mit dem Rauchen an. Es geht nicht darum, dass es legal ist. Es geht darum, dass es ein Haus- und Türöffner für alles andere ist.” 

Meine Motivation ist es, die Rechte der suchtkranken Menschen zurückzugewinnen. Ich denke, dass es hier Menschen gibt, in denen viel Potenzial steckt. Aber viele geben sich einfach auf.  

Nach weiteren Gesprächen mit anderen Ehrenamtlichen und auch Betroffenen verabschieden wir uns von Simon und bedanken uns bei ihm, dass er sich die Zeit genommen hat.  

Hilfsansgebot bei Suchtproblemen  

Wenn du selbst Hilfe suchst, beim Thema Drogen oder Alkohol, kannst du dich unter anderem an das Deutsche Rote Kreuz wenden. Bei der Suchtberatung findest du Unterstützung.

Weitere Zufallsbegegnungen von SWR Heimat:

Raus aus der Drogensucht & Obdachlosigkeit: Lukas verteilt jetzt ehrenamtlich Lebensmittel

Wir treffen Lukas zufällig in Stuttgart bei seiner ehrenamtlichen Arbeit bei „Harrys Bude”. „Harrys Bude” betreibt Foodsharing. Bei unserer Zufallsbegegnung sprechen wir mit Lukas auch darüber, wie er zu seinem Ehrenamt gekommen ist. 

Wandern im Schwarzwald: Natur hilft Ukrainerin nach ihrer Flucht

Wegen des Krieges in der Ukraine musste Kateryna ihre Heimat zurücklassen. Zwei Jahre später hat sie eine zweite Heimat in Pforzheim gefunden. 

Mehr zum Thema Ehrenamt:

Mehr von SWR Heimat:

Münstermaifeld

Jan hat sich seinen großen Traum erfüllt

Fast zwei Jahre lang musste Jan in einer Pflege-WG leben. Der 28-jährige ist querschnittgelähmt. Er hat lange nach Pflegekräften für eine Rundumbetreuung zu Hause gesucht. Sein großer Wunsch, wieder in seinem Haus zu leben, ging jetzt in Erfüllung.

Cat Calls of Mainz

Es dauerte keine fünf Minuten – Nachdem wir die ‚Aufsager‘ für den Anfang des Films aufgezeichnet haben, laufen wir zusammen mit Hannah, Lea, Isabelle und Melina von "Cat Calls of Mainz" zum Mainzer Hauptbahnhof. Das erste was passiert: Die vier werden sexuell belästigt und einer der „Heimat“-Autoren wird zum Chef der Gruppe erklärt, weil er ein Mann ist. Während der Dreharbeiten kam es zu zwei weiteren Belästigungen. Hannah, Lea, Isabelle und Melina sind Studentinnen aus Mainz, die das Projekt „Cat Calls of Mainz“ rund um den Weltfrauentag 2020 gestartet haben. Angelehnt an zahlreiche andere Cat-Calls-Projekte in der ganzen Welt: „Wir haben uns das erst eigentlich nur für eine Woche vorgenommen – Nachrichten zu empfangen und kreiden zu gehen. Dann war die Woche vorbei und wir haben gemerkt: Wow, das findet jetzt schon viel Resonanz. Dann gab es für uns keinen Grund aufzuhören.“ Kreiden gehen bedeutet, sie schreiben mit Kreide sogenannte „Cat Calls“, also in der Regel verbale sexuelle Belästigungen, mit Kreide auf die Straße. Alles Belästigungen, die jemand erlebt und ihnen auf ihrem Instagram-Kanal zugeschickt hat. „So werden Leute mit dieser sexistischen Problematik konfrontiert, die sonst das Privileg haben, damit nicht in Berührung zu kommen.“ Das sei ihnen super wichtig, sagt Lea, eine der Mitinitiatorinnen der Gruppe. Aber es geht ihnen vor allem um die Opfer. „Dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich diesen Raum zurückzuerobern, in dem ihnen etwas Schlimmes passiert ist. Man hat so ein starkes Ohnmachtsgefühl, wenn man das im Alltag ständig erleben muss.“ So möchten sie etwas in der Gesellschaft verändern und für das Thema sensibilisieren.

Michelle rettet ausgediente Legehennen vor dem Tod

Michelle arbeitet ehrenamtlich für „Rettet das Huhn“. Der Verein vermittelt ausgediente Legehennen an Privatpersonen. Ob Massentierhaltung oder Bio: Die Tiere sind damit gerettet.

Stand
AUTOR/IN
Corinna Jähn
Porträt Corinna Jähn. (Foto: SWR)
Joëlle Roos
Chiara Breuninger